- Sa 9. Okt 2021, 00:03
#1559017
Die Union hat doch ohnehin eine unlösbare Aufgabe vor sich. Nachdem Merz sich selbst raus genommen hat, bleiben doch nur Kandidaten über, die man eher in der zweiten Reihe sieht. Oder glaubt hier wirklich einer, dass Spahn, Röttgen, oder einer der anderen der neue starke Mann wird? Da ist doch keiner dabei, bei dem du sofort denken würdest, dass derjenige der natürliche Nachfolger sei. Viel eher hat man den Eindruck, dass man da noch weitere Köpfe wählen wird, nur um sie dann direkt wieder zu entsorgen. Einfach weil da niemand ist, der wirklich hervorsticht.
Aber gehen wir mal von der Person weg, dann wird es doch inhaltlich auch nicht einfacher. Auf der einen Seite muss sie in der Opposition die Abgrenzung zur AfD wahren, um nicht in den Verdacht zu geraten, mit denen gemeinsame Sache zu machen. Gleichzeitig müssen sie aber die Nähe suchen, um verlorene Wähler von rechts wieder einzusammeln. Vor allem hier im Osten ist das eine, wenn nicht die wichtigste Frage.
Dann kommt aber in der Opposition noch dazu, dass sie Wahlkampf machen müssen, gegen drei Regierungsparteien, von denen sie am Ende zwei brauchen wird, um 2025 selbst zu regieren. Wie das gehen soll, weiß auch noch keiner. Selbst wenn man am Ende dann knapp vor der SPD steht, brauchen Grüne und FDP dann auch erst einmal einen Grund, um aus einer (vermutlich) stabilen Ampelregierung auszusteigen, wo sich bereits alle kennen. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass wir dann wirklich sehen könnten, dass der Zweitplatzierte im Amt bleibt, weil der Erste keine Mehrheit bilden kann. Gleichzeitig wird das natürlich auch für FDP und Grüne ein Spagat. Man stelle sich mal vor, die SPD verliert an die CDU und an die Grünen, weil sie dem linken Flügel in der Partei nicht alles liefern kann, was man sich erhofft. Kandidiert dann Habeck gegen Scholz? Gemeinsam aus der Regierung heraus?
Das wird in den kommenden vier Jahren ne spannende Nummer, aber gerade für die CDU eine unfassbar schwere Aufgabe. Die müssen ja Inhalte und Lösungen anbiete, die im Bund tragfähig sind. Das bringt ihnen in der Regel aber keine Punkte im Osten. Die Frage nach dem Osten, vor allem mit Blick auf die AfD, ist aber etwas, was eigentlich nur der Bund regeln kann. Das fängt bei den ungleichen Renten und Gehältern an, das geht aber auch hin zur Frage, wem etwas gehört. Den Menschen im Osten gehört doch kaum Grund und Boden. Egal ob Unternehmen, Immobilien, oder sonst was. Der Westen fiel nach der Wende wie eine Heuschreckenplage über den Osten her und davon hat man sich bis heute nicht erholt. Man schafft es aber auch kaum, dass sich Industrien im Osten ansiedeln, weil dann andere Ministerpräsidenten mit mehr Subventionen locken. Und all das ist ein Teufelskreis, der am Ende die AfD stärkt. Früher die Linke, aber seit Jahren die AfD. Nicht, weil die Menschen alle rechts wären, aber weil ein grüner Wahlkampf, oder auch der Wahlkampf von Laschet, der mehrfach betont hat, wie oft er an Europa denkt, hier nicht punktet. Das geht an den Lebensverhältnissen der Menschen vorbei.
Da werden alle Parteien in Berlin eine Lösung finden müssen, sonst dauert es nicht mehr lang bis die AfD in Sachsen oder Thüringen alleine regiert. Schon jetzt braucht es hier doch All-Parteien-Koalitionen, wo Linke und CDU sich gegenseitig dulden müssen, damit nur ja die AfD nicht regiert.
Diese Frage muss in Berlin geklärt werden, denn auch in diesem Wahlkampf kam der Osten thematisch nicht vor, aber auch nicht personell. Da braucht man sich dann halt auch nicht wundern, wenn die Menschen ihr Kreuz nicht bei den Parteien machen, die sich nicht dafür interessieren. Wenn du dann noch einen Ostbeauftragten hast, der den Wählern Demokratie-Defizite vorwirft, setzt es dem noch die Krone auf.
Die Ampel wird in den nächsten 4 Jahren unfassbar viele Themen anpacken müssen, die in 16 Jahren Merkel liegen geblieben sind. Außer der Rente mit 67, was ist denn aus diesen 16 Jahren hängen geblieben? Das ist ne ernst gemeinte Frage. Innenpolitisch hat man sonst nichts, aber auch gar nichts gemacht. Das müssen jetzt halt andere ausbaden. Man darf gespannt sein, welche Baustellen man angehen wird und wie.
Ich persönlich würde aber fast davon ausgehen, dass wir in 4 Jahren einen Wahlabend haben werden, bei dem alle 4 Parteien noch viel näher beieinander liegen werden als ohnehin schon. 4 Parteien, die alle zwischen 18-22% holen, halte ich auf Dauer durchaus für denkbar. Das spiegelt ja die Mitte auch gut wieder. AfD und Linke dann am Rand und auf absehbare Sicht vermutlich auch die Freien Wähler. Bei denen würde es mich nicht wundern, wenn auch die langfristig an den 5% kratzen.