- Mi 1. Aug 2012, 12:15
#1134451
Das war leider nicht der erhoffte große Wurf sondern ein guter, aber hoffnungslos überambitionierter Versuch. Die erste Filmhälfte braucht ungeheuer lange, um in Fahrt zu kommen. Der Fallout des Vorgängers ist schon ein ordentlicher Startbalast, der erstmal aufgearbeitet werden musste. Leider ist das nicht wirklich flott und schnörkellos gelungen. Stattdessen bringt man sich unverständlich noch andere Erschwernisse und Bremsklötze mit rein: dass Bruce nicht nur Batman aufgeben musste, sondern sich total isoliert hat und dass er 8 Jahre später unverständlicherweise immer noch am Stock geht oder seine Firma den Bach runtergehen lässt.
Der Wayne Enterprise Nebenstrang war aber ohnehin hanebüchen bis zum geht nicht mehr. Ein absolut offensichtlicher Betrug bei den Termingeschäften bleibt einfach als irreversibles Faktum im Raum stehen und lässt Wayne pleite gehen? In Gotham hat man die Börsenaufsicht wohl offenbar komplett abgeschafft. Das war lächerlich und leider nicht der einzige Plotpfad der komplett konstruiert wirkte. Obwohl der Gefängnisabschnitt an sich ganz nett gemacht war, ein paar schöne Enthüllungen über Bane und Talia brachte, und im Prinzip sogar der klassischen Funktion eines 4. Akts als retadierendes Moment erfüllt, war er irgendwie auch ein Plotstopper. Wo die beiden vorigen Teile gerade durch ihren fast makelloses Erzählrhythmus bestochen haben, ist das pacing in TDKR nicht gut geglückt. Dafür ist der Film viel zu breit angelegt und leidet unter dem Gewicht einer überfrachteten Exposition. Da wird der gebrochene Bruce gezeigt, sein Verhältnis zu Alfred aufgerollt, die Dent-Lüge nochmal gebracht, dann haben wir den Polizei-Strang mit mehreren neuen Charakteren, Catwomens Einführung, Banes Einführung, die Firmenprobleme, der Fusionsreaktor, die Bautrupps usw.
Die Story jongliert einfach mit zu vielen Bällen und letztlich fühlte sich dann auch vieles verknappt an. Bei fast jedem dieser Elemente kann man sagen: mit 2-3 zusätzlichen Szenen hätte das wahrscheinlich besser funktioniert. Nur hätte man dann das Tempo komplett verloren und wäre weit über die 3 Stunden Grenze geschossen. Man hat sich leider zu viel für einen einzigen Film vorgenommen. Allein die fünf Monate, in denen Bruce im Gefängnis sitzt und in Gotham die Bombe läuft, hätte man auf einen halben Film ausweiten können, der sich mit dem Guerrilla-Kampf der Polizisten beschäftigt. So gerafft wie diese Zeitspanne aber gezeigt wurde, bleibt es so grobstrichig, dass es stellenweise schon wieder Zweifel an der Geschichte selbst aufwirft. Würden die Bürger auf der Insel wirklich fünf Monate lang bei der ganzen holt euch Gotham zurück von den Reichen Anarchienummer mitmachen? Ich fand es schade, dass die Zivilbevölkerung vom Film eigentlich überhaupt keine Beachtung bekommen hat. Die Frage wie schlecht und destruktiv die Menschen wirklich sind und ob sie in Zeiten der Not übereinander herfallen oder ihre Humanität finden ist ein zentrales Motiv der ganzen Trilogie. Im zweiten Teil hat man es mit den zwei Zündern und den Fähren auch wunderbar geschafft, die Menschen der Stadt selbst auf den Prüfstand zu stellen und ihnen Gesichter und Stimmen zu geben, in TDKR hat man sie trotz viel integralerer Rolle in der Geschichte zu einer anonymen Masse degradiert, die wir nur als Statisten zu sehen bekommen. Schade.
Okay, an dramaturgischer Tiefe und Komplexität hat sich Teil drei bei ehrenwertem Versuch also ziemlich verhoben. Wie steht es mit den Qualitäten als Superheldenfilm. Besser, aber auch nicht perfekt. Bruce braucht wie gesagt zu lange, um wieder auf der Höhe zu sein. Dann allerdings legt er einen erstklassigen Wiederauftritt hin. Die Bike-Szene in dem Tunnel mit den ausgehenden Lichtern, war Spitzenklasse. Gänsehautmoment bis zum Abgang in the bat. Als Gegenspieler ist Bane dann gut, aber eben nicht herausragend. Die Maske schränkt mimisch extrem ein, die grottige Synchro gibt ihm eine flache und oft unpassend joviale Stimmlage und Betonung. Aber auch im Plot ist er weniger vielfältig als noch der Joker. Bane ist von Anfang an voll in Kontrolle der ganzen Operation. Der Joker hat innerhalb von TDK ja eine richtige Karriere durchgemacht. Erst der Bankraub-Aufsteiger, dann der Batman-Jäger für die anderen Kriminellen und bald Crime-Boss der Stadt, aber eben zwischendurch auch Gefangener und Geschlagener. Bane ist da weniger abwechslungs- und facettenreich. Seine backstory ist in meinen Augen zwar ganz gut gelungen und ich verstehe auch, dass er in Gotham als Batmans letzter und auch überlegener Gegner stärker als Endgegnergröße fixiert werden musste, aber das macht ihn eben auch weniger interessant und es fehlten auch Szenen, die ihn als wirklichen Charakter ausdifferenziert haben. Dadurch, dass das ganze Funktionsmodell seiner Insel-Anarchie so grob und kurz abgehandelt wurde, wirkt das stellenweise auch sinnlos und lässt etwas an seiner angeblich so großen Genialität als Stratege zweifeln. Insbesondere wird er da in seiner Wirkung reduziert, wenn Talia als gelungener Twist dazukommt und als eigentliche Fädenzieherin und Planerin dargestellt wird.
Etwas überflüssig fühlte sich hingegen Catwoman an. Anne Hathaway blieb mir insgesamt zu blass in ihrer Darstellung. Klar, das ist nicht die Pfeiffer-Catwoman auf suizidal-durchgeknalltem Rachefeldzug sondern eine gefahrenscheue Diebin. Nur kann sie mir dafür wieder zu gut kämpfen und hat sonst aber wenig Tricks auf Lager. Als love interest hat die Chemie leider auch nicht so recht gestimmt.
Auf der Inszenierungsseite liegt weiterhin die größte Stärke der Reihe. Look und Setting sind klasse gemacht, allerdings merkt man stellenweise auch die träge Unflexibilität der waschmaschinengroßen IMAX-Kameras. Ein paar kaum kaschierte Logiklöcher lassen aber auch hier den letzten Schliff vermissen. Dass Batmans Ultra-Kevlar-Suit an den Seiten keinen Schutz gegen Messerstiche bieten soll, finde ich kurios. Die Szene, die mich aber am meisten gestört und rausgerissen hat, war der Sturmangriff der Cops. Klar, wir rennen mit unseren Pistölchen in glühendem Eifer einer Meute mit automatischen Sturmgewehren entgegen - und dann gibt es noch nicht mal das zu erwartende Massaker??? Da fallen gefühlt drei Cops um, bevor die sich plötzlich alle entscheiden, doch lieber in den Nahkampf überzugehen?? WTF?!?
Das Ende fand ich dann allerdings wieder recht gelungen. Okay, dass Bane ein bisschen zu beiläufig und Deus Ex Machina von einer natüüürlich doch umgekehrten Catwoman weggeblasen wird, war nicht ideal. Dass Batman die Bombe auf See rausfliegt - auch nicht gerade innovativ, aber geht. Dass die letzte Szene die Entsprechung von Alfreds Wunsch sein würde, war schon in der Szene klar, als er das Szenario beschrieben hat. Das war wirklich hübsch gemacht, obwohl ich mir den Abspann schon in der Sekunde gewünscht hätte, als er einfach nur rübernickt und bevor man Bruce wirklich sieht.
Warum es an dem Ende etwas zu deuten geben sollte, erschließt sich mir nicht. Es gibt keinen ersichtlichen Grund an der Realität dessen zu zweifeln. Da irgendwas von Traum- und Wunschsequenz zu deuteln, Bruce für doch tot zu erklären und die ganze Sache mit dem Autopilot zu ignorieren ist mutwilliges Uminterpretieren und hat mit dem vorliegenden Film aber nichts mehr zu tun.
TDKR lässt mich in der Kinofassung noch etwas unzufrieden auf einen DVD extended cut hoffen. An vielen Stellen blieb einfach das Gefühl, dass man hier einen interessanten Storyaspekt hat, dem aber einfach nicht genug Raum gegeben werden kann, weil sich in die 160 Minuten bereits zu vieles reinquetschen muss. Das Fundament der Story ist so breit und schwer, dass der Film fast daran sinkt und erstmal die Hälfte seiner Spielzeit braucht, um die träge Masse in Bewegung zu versetzen. Was dann folgt hat auch ordentlich Wumms und macht viel Spass, bleibt aber immer noch an vielen Punkten etwas unausgegoren.
7,5/10
(Begins 9/10, Dark Knight 9,5/10
"And in that moment, I swear we were infinite."